Hospital Diaries Episode 1

Ein Interview mit Filippa Schlotfeldt, einer Medizinstudentin im Praktischen Jahr.

Filippa, Du hast durch verschiedene Famulaturen und im Zuge des praktischen Jahres einige Krankenhäuser und deren Prozesse von Innen gesehen. Siehst Du Unterschiede im Digitalisierungsgrad der Krankenhäuser?

Ja. Die Kliniken unterscheiden sich in Ihrem Digitalisierungsgrad sehr stark. Ich habe sowohl in einer Uniklinik (ca. 3.000 Betten), in Kliniken eines großen kommunalen Klinikkonzerns, als auch in einer kleinen Privatklinik (ca.30 Betten) Erfahrung sammeln können. Der Anspruch an logistischer Effizienz und der damit verbundene Drang nach Digitalisierung variiert da natürlich.

Wie stark würdest du sagen, ist das Thema Digitalisierung auf der Agenda Deines Krankenhauses und wie zufriedenstellend wird es in Deinen Augen behandelt?

Da ich als Studentin bis jetzt immer nur für kürzere Zeiträume in vielen verschiedenen Krankenhäusern war, kann ich wenig über die Digitalisierungsfortschritte/ -entwicklungen der Kliniken sagen. Was allerdings deutlich wurde, ist das Datenschutzrichtlinien die Digitalisierung erschweren. Als Famulant und Studierende im Praktischen Jahr hat man meist nur eingeschränkte Nutzungsrechte der Programme. So hat jede Berufsgruppe (Pflegepersonal, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, etc.) nur einen für sie bestimmten Zugriff. Dieser ist nicht immer sinnvoll ausgewählt was letztendlich zu Mehrarbeit führt.

Filippa - Medizinstudentin im Praktischen Jahr

Würdest du sagen, dass das Thema im Krankenhausumfeld ernst genug genommen wird und zufriedenstellend vorangetrieben?

Mein Eindruck: je größer die Klinik, desto mehr Wert wird auf Digitalisierung gelegt. Krankenhausprogramme sind teuer und müssen sich rechnen.

Die Arbeitsbelastung in Kliniken ist meist sehr hoch, dazu kommt, dass die Angehörigen medizinischer Berufsgruppen häufig nicht unbedingt „digital natives“ sind. Wird ein neues Programm etabliert, ist dies zumeist erst einmal zeitintensiver. Das schreckt viele ab. Außerdem können die Programme gar nicht so gut bis ins Detail geplant werden, wie es für einen reibungslosen Ablauf im Klinik-Alltag notwendig wäre. Dafür sind die Abläufe in Kliniken zu sehr von äußeren Faktoren abhängig und daher individuell gestaltet.

Häufig sind die Programme langsam und unübersichtlich. Es gibt viele tolle Funktionen, die keiner kennt, dafür fehlen häufig sinnvolle Shortcuts – hier wäre Fortschritt sehr gut.

Was sind Deine Aufgaben in dem Bereich der Probenentnahme?

Ich beantworte diese Frage für die Blutentnahmen: In allen Kliniken in denen ich gearbeitet habe, war das Prinzip ähnlich. Man kann über das Klinikprogramm die Blutwerte auswählen, die man bestimmen möchte. Daraufhin werden „Klebchen“ gedruckt, die die Personenangaben der Patienten enthalten und mit einem Strichcode versehen sind. Meist sind die Drucker dafür in den Räumen in denen auch das Material für die Blutentnahme steht. Je nach Blutwert werden unterschiedliche Auffangröhrchen benötigt. Auch das entsprechende Röhrchen kann man dem Klebchen entnehmen. Die Vorbereitung der Probenröhrchen übernimmt zum Teil auch das Pflegepersonal. Hat man das Material zusammengesammelt (richtiges Klebchen auf richtigem Röhrchen?) geht es zu den Patienten. Alle Patienten kriegen zu Beginn Ihres Aufenthalts ein Armband mit Ihrem Namen. Wenn man die Patienten noch nicht kennt, kann man so deren Identität überprüfen. War die Blutentnahme erfolgreich wird die Probe ins Labor geschickt. Meistens gibt es eine Sammelstelle auf den Stationen, dort werden die Proben gesammelt und nach Bedarf ins Labor gebracht. Das Labor kann dann anhand des Strichcodes den Auftrag erkennen, die Proben auswerten und die Laborergebnisse in das Klinikprogramm einspeisen. Das medizinische Fachpersonal kann die Werte dann schlussendlich einsehen.

Glaubst Du, dass digitale Lösungen hier an der ein oder anderen Stellen eine Hilfe wären?

Den Prozess der Probenentnahme durch digitale Lösungen zu optimieren, stelle ich mir schwierig vor. Die Tätigkeit des Blutabnehmens wird gerne von den Ärzten abgegeben. Es sind häufig Medizinstudenten oder Phlebothomisten die diese Aufgabe übernehmen. Daher immer wechselndes Personal. Würde es spezielle Geräte geben, stelle ich es mir schwierig vor, diese für alle bereitzustellen. Auch die Verknüpfung mit den ohnehin schon komplexen Krankenhaussystemen stelle ich mir als einen schwierigen Schritt vor.

Du hast gesagt, dass Du mit verschiedenen Systemen gearbeitet hast. Siehst Du große Unterschiede in Qualität, Anwendungsmöglichkeiten und Benutzerfreundlichkeit?

Ich habe mit zwei Systemen gearbeitet, die sich sehr stark unterschieden haben. Vor allem das eine ist stark veraltet. Die Graphik erinnert an Windows 95, sodass es sehr unübersichtlich ist. Viele Informationen lassen sich nicht übernehmen, sodass diese immer wieder manuell eingegeben werden müssen. Obwohl ich lange mit dem anderen System gearbeitet habe, hatte ich das Gefühl hier „von vorne“ anfangen zu müssen. Ein Problem ist zum Beispiel, dass Arztbriefe nicht automatisch erstellt werden. Diese müssen in einem Schreibprogramm geschrieben werden. Patientennamen, Aufenthaltsdauer, usw. müssen selbst eingetippt werden. Auch Röntgenbefunde, Laborwerte, etc. müssen aus anderen Programmen in das Dokument rein-kopiert werden. Viele Extraschritte für die es sicherlich eine einfach digitale Lösung geben müsste.

Das klingt sehr zeitintensiv. Stößt man da, besonders unter Zeitdruck, an seine Grenzen?

Ein gutes Klinikprogramm kann eine riesige Hilfe sein. Es sollte allerdings benutzerfreundlich und variabel sein. Auch wenn die Grundsätze sich gleichen, hat jede Station andere Anforderungen. Aufgrund der riesigen Datensätze die verarbeitet werden müssen, hängen die Programme oft oder stürzen ab. Das ist unter Zeitdruck belastend und kann zum Teil gesundheitsgefährdend für die Patienten werden.

Noch eine abschließende Frage: Was würdest du dir zum Thema Digitalisierung in Krankenhäusern wünschen, wenn du einen Wunsch frei hättest?

Ich wünsche mir eine Gesundheitskarte, auf der Vordiagnosen, aktuelle Medikamenten-Pläne, Ergebnisse bildgebender Diagnostik, etc. gespeichert werden. Dieses würde uns viel Arbeit bei der Aufnahme der Patienten sparen. Vor allem die älteren Patienten verlieren bei langer Krankheitsgeschichte den Überblick. Das heißt dann häufig, dass man telefonisch versuchen muss die Hausärzte zu erreichen, um an Vorbefunde zu gelangen. Hat man alle Unterlagen zusammengestellt, muss man diese manuell in die Klinikprogramme einfügen. Solange es die Gesundheitskarte noch nicht gibt, wäre hier eine Zwischenlösung mit QR-Codes oder ähnlichem sinnvoll. Eine Gesundheitskarte könnte auch den Medikamenten-Missbrauch und das so genannte „Doktors-Shopping“ vorbeugen.

Vielen Dank für diese Interessanten Eindrücke in deinen Krankenhaus Alltag und deine Visionen für die Zukunft. Wir hoffen, dass wir mit Tracie einen Schritt in die richtige Richtung gehen und mit unser digitalen Lösung deinen Arbeitsalltag verbessern können.

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